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Bulgarien II: Bis zum Schwarzen Meer und zur türkischen Grenze

02.06.-06.06.2016

Als wir das hier schreiben, liegen wir in einem bulgarische Grenzort 10km vor der türkischen Grenze. Die heutige Etappe ist sicherlich unter den Top 5 der bisher anstrengensten. Eigentlich wollten wir heute wieder wild zelten, haben uns aber dagegen entschieden, nachdem wir drei Stunden im Gewitter gefahren und komplett durchnässt sind. Bisher hat es (abgesehen von gestern) jede Nacht geregnet. Das ist aber kein Problem, da 20 Minuten nachdem die Sonne morgens raus kommt, das Zelt auch schon wieder trocken ist. Jetzt ist die Türkei also greifbar nahe, nur noch eine Bergetappe (die Grenze soll auf einem Pass liegen) dann sind wir da. Ein Abschnitt der Reise geht vorbei. Die Donau haben wir in Bulgarien verlassen, nachdem wir ihrem Verlauf über einen Monat gefolgt sind. Reiseradler haben wir entlang des Donauradwegs relativ wenig getroffen und wir freuen uns schon auf den Moment, wenn mal wieder schwerbepackte Räder am Horizont oder im Rückspiegel auftauchen. Mit dem Verlassen des Donauradwegs verlassen wir auch die Regionen, in denen die Leute vielleicht noch ein bisschen an Radler mit beladenen Rädern gewöhnt sind, die Unmengen an Essen verdrücken können. Im ländlichen Bulgarien werden wir oft ungläubig bestaunt, mehr Konversation findet aber meist nicht statt. In den Tante-Emma-Läden gibt es kaum Waren in der Auslage, sondern wir müssen ansagen was wir gerne hätten. Das klappt ganz gut, Zahlwörter, Bitte und Danke können wir auch. Toni hat an unserem Pausetag in Negotin das kyrillische Alphabet gelernt, so können wir Packungsaufschriften, Speisekarten und Ortsschilder lesen. Auch die Hunde werden auf dem Land entspannter.
Ach, die Hunde. Wir wissen nicht, woran es lag, vielleicht haben wir einfach zu sehr gestunken, auf jeden Fall waren die ersten drei Tage an der Donau in Bezug auf Hunde echt stressig. Mehrmals wurden wir fast erwischt. Danach hat sich die Situation entspannt, viele Hunde verdienen unser Mitleid und sehen ziemlich mitgenommen aus, viele liegen auch tot am Straßenrand. Auch in dieser Hinsicht also alles ziemlich versöhnlich, wir bleiben entspannt, wenn ein paar Hunde angerannt kommen und können die Situation immer lösen. Eines Abends, nach einer stressigen Etappe, finden wir keinen geeigneten Zeltplatz und auch Hotels sind rar gesät. Das Hotel, das Google empfiehlt, existiert nicht und ist eine Sackgasse, in der uns drei Mistviecher einkreisen. Wir können den Bissen in die Wade nur durch hochgezogene Beine entgehen. Auch sonst passiert viel Nerviges, was den Radleralltag erschwert: der erste Platten nach 3800km (wir haben übrigens die 4000 voll – nicht gemerkt und vergessen ein Foto zu machen), den ersten Bienenstich (nicht der Kuchen), nervige kleine Fliegen, die jeden Anstieg doppelt anstrengend werden lassen.

Die Anstiege des Balkangebirges sind viel entspannter als erwartet, nur vor der türkischen Grenze kommen wir noch mal richtig ins Schwitzen. Aber mittlerweile belohnt uns Bulgarien auch mit beeindruckender Natur. Ein Highlight war einer unserer Wildcampingplätze, nahe am Fluss, bei sternenklarer Nacht (zumindest bis zum Regen) und aus dem Nachbarort konnte man den Muezzin rufen hören (Zumindest glauben wir das) – wir fühlen uns weit gereist. Im Südosten haben die Städte oft eine Moschee – wir nähern uns der Türkei. Nach türkischem Vorbild sind auch die Hockklos, die nach kurzer Eingewöhnung aber problemlos zu bedienen sind 😉 Nachts hören wir dann Schritte am Zelt, es hört sich an wie schlurfende Badelatschen – in Wirklichkeit sind es faustgroße Krabben, die vom naheliegenden Fluss kommen um das Zelt zu begutachten. Nach dieser Schrecksekunde schlafen wir entspannt. Trotzdem haben wir uns noch nicht so richtig mit dem Wildcampen angefreundet, da wollten wir nach 2 Monaten schon weiter sein. Wir schlafen super gerne in unserem Zelt (Wien und Budapest waren wir auch im Zelt) und auch Wilcampen, wenn man wirklich in der Natur ist, ist kein Problem. Aber in besiedelten Landstrichen ist es nicht wirklich unser Ding und wir sind sehr penibel was die Auswahl unserer Zeltplätze angeht. Vorher hätten wir uns nie vorstellen können, mit dem Rad ins Hotel zu gehen – hier völlig selbstverständlich. Obwohl die Unterkünfte sehr gut und preiswert sind, geht diese Übernachtungsmöglichkeit auf Dauer natürlich ins Geld.
In Bulgarien gab es so einige anstrengende, nervige Momente, in denen man sich fragt, warum man sich das ganze antut. Im gleichen Augenblick realisieren wir, dass das die gleiche Frage ist, die sich die Leute in all den Büchern und Reiseberichten, die uns über die Jahre inspiriert haben, auch gestellt haben und wir merken, dass wir genau das tun, was wir immer wollten – und wir fahren bei Regen den Berg hoch, während der Schlamm spritzt und uns die Mücken zurichten, mit einem Lächeln im Gesicht.

Wir freuen uns auf das schwarze Meer, bis es endlich am Horizont erscheint. Bei Sozopol nehmen wir uns einen Campingplatz mit Strandzugang. Das Wasser ist überraschend warm. Danach geht es wieder in die Berge, wiedersehen werden wir es in der Türkei.

Etappen:

Nikopol – Bjala: 108 km

Bjala – Targovishte: 101 km

Targovishte – Bilka: 116 km

Bilka – Sozopol: 95 km

Sozopol – Malko Tarnovo: 105 km

Seit Serbien hatten wir keinen Pausetag mehr. Es läuft richtig gut mit dem Radeln 😉

Bis denne,

T+D

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