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China I: First Impressions of Earth

21.09.-23.09.2016

Wie immer gibt es am Anfang, schnell und ungefiltert, unsere ersten Eindrücke aus dem jeweils neuen Reiseland. Dieses Mal: China.

Wir waren echt aufgeregt. Land Nummer 13. Wir sind also schon etwas erfahren, was Grenzübergänge angeht, trotzdem war das hier etwas anderes – alles viel größer und hinter der Grenze wartet etwas gänzlich Unbekanntes (zumindest für mich). Tatsächlich war wieder mal alles ganz einfach, es war sogar ziemlich komfortabel. Wir haben den Grenzübergang in Khorgos aber auch absichtlich gewählt, da es dort recht easy sein soll mit Rad einzureisen. Auf kasachischer Seite ruft noch mal der Muezzin zum Abschied. Am Schalter des chinesischen Grenzbeamten gab es eine Knopfleiste mit Smileys, mit denen man das Serviceerlebnis bewerten konnte – wie cool ist das denn? Alles wurde auf Bildern mit Mangafiguren erklärt, jeder hat Englisch gesprochen. In Radreisekreisen ist man die ganze Zeit mit negativen Berichten über Visaangelegenheiten und Bürokratiestress konfrontiert. Umso länger wir unterwegs sind, umso mehr glauben wir, dass der ganze Internetkram mehr verwirrt, als dass er hilft. Jeder scheint zu wissen, dass irgendeine Grenze offen ist oder nicht – in Wirklichkeit sieht meistens alles ganz anders aus. Wir sind nun also in Xinjiang, der westlichsten Provinz Chinas. Bei der ersten Bank wollen wir die restlichen Tenge tauschen, „Mei you“ – geht nicht, eine Bankmitarbeiterin macht es aus eigener Tasche, da wir sonst zur nächsten Bank hätten fahren müssen. Wir fahren in der zweiten größeren Stadt an einem Hotel vorbei und bleiben stehen – nicht lange und wir werden von einem Sicherheitsmann des Hauses herangewunken (in Westchina gibt es vor fast jedem Laden, Hotel, öffentlichen Gebäude oder Restaurant eine Sicherheitsschranke, in der das Gepäck durchleuchtet wird. Tankstellen sind Hochsicherheitsanlagen). Erster Versuch – erster Treffer, ein Hotel, das Ausländer aufnehmen darf (das dürfen bei weitem nicht alle, ein Verstoß zieht horrende Strafen nach sich). Wir können den sonst zu hohen Preis noch auf einen erträglichen Preis herunterhandeln. Man kann ein Zimmer auch stundenweise mieten, das erklärt die ausgelegten Kondome im Bad.

Im Vorfeld wussten wir nicht wirklich, was wir von China erwarte sollten, es gab zu viele unterschiedliche Berichte von Radreisenden. Wir kamen also mit der richtigen Geisteshaltung: eher wenig erwarten und mal abwarten. Unser erster Eindruck von China: Begeisterung. Bei mir nimmt das ganze schon euphorische Züge an. Ich hatte mir alles viel komplizierter vorgestellt: Grenzübergang, Essen bestellen, Hotelsuche usw. Boah, das Essen. Sind die Teller restlos leergegessen (falls das immer noch als unhöflich gilt, seis drum), suchen wir schon das nächste Restaurant.

In der Provinz Xinjiang, wo viele Uiguren leben, versteht nicht jeder unseren Zettel mit chinesischen Schriftzeichen (das zuzugeben würde einen Gesichtsverlust bedeuten – macht also keiner und tut stattdessen so, als ob alles verstanden wurde). Ab und zu müssen wir dann doch das Fleisch aus der Soße suchen. Tofu ist hier einsame Spitze, wird aber gerne mit Fleisch und Speck serviert – dass wir das nicht wollen, müssen wir deshalb besonders deutlich machen. Wir fahren durch die chinesische Provence entlang an riesigen Lavendelfeldern. Viele Häuser sind lila gestrichen, überall gibts Lavendel zu kaufen und die Luft ist vom Duft erfüllt. Wir fahren auf absolut perfekten Straßen mit einem langsamen zurückhaltenden Verkehr – eine wahre Freude. Wir werden oft fotografiert und angestarrt. Ist die Neugierde aber erstmal befriedigt, werden wir in Ruhe gelassen und bspw. beim Essen nicht weiter belästigt  – sehr entspannend. In Yining wollen wir einen Pausetag machen,, um uns mit den Gepflogenheiten vertraut zu machen. Die Jugendherberge ist eine Oase, man spricht Englisch, es gibt schnelles WiFi und das Ganze ist deutlich billiger als ein Hotel.

Am Pausentag werden wir vom Morgenapell der Schule nebenan geweckt, dutzende Kinder skandieren zu quietschiger Musik „1, 2, 3, 4….“ – das ist das einzige, was wir verstehen. Den Tag nutzen wir dann auch, um Tonis Handy reparieren zu lassen. Bereits zum zweiten Mal hat sich die USB-Buchse gelockert, wahrscheinlich durch das Aufladen am E-Werk während der Fahrt auf ruppigen kirgisischen Pisten. In Baku hatten wir das Handy nach ein paar Stunden wieder, hier können wir bei der Arbeit zusehen und das gute Stück nach einer Viertelstunde wieder mitnehmen. Davor mussten wir allerdings von Laden zu Laden gehen, bevor sich jemand an Tonis Fairphone rantraut, es ist halt keine bekannte Marke und schreckt dadurch ab. Ansonsten kosten wir uns durch die chinesische und uigurische Küche, Sojabohneneis schmeckt uns besonders gut und wir kaufen es ständig. Auch ein paar Outdoorläden haben wir bereits gefunden. Die verkaufen hier sehr ähnliche Sachen wie mancher Laden in Europa, manchmal so ähnlich, dass da auf einer Jacke mit Tatzenlogo tatsächlich „Jake Wolfking“ steht und statt Gore Tex „Gope Lec“ oder ähnlicher Kauderwelsch. Immerhin finden wir hier eine Benzinflasche, wir hatten unsere ja in Almaty vergessen, aber leider nicht verkäuflich, sie gehört zu einem Kocherset. Gaskatuschen gibt es hier auch zu kaufen – eine Alternative immerhin. Mal sehen, ob wir sie brauchen, wir haben seit Grenzübertritt nicht mehr selber gekocht.

Etappen:

Zharkent – Qingshuihe: 78km

Qingshuihe – Yining: 63km

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