,

Laos I: Sabaidee, sabaidee!

27.01. – 06.02.2017

Mal wieder gibt es keine Bilder vom Grenzübergang. Nach Georgien ist es nun das zweite Mal, dass es dermaßen schüttet, dass wir die Kamera lieber in der Lenkertasche lassen. Wir verlassen Vietnam einen Tag vor Neujahr, alle sind mit Putzen beschäftigt. Würde man dies während der Feiertage machen, würde man auch das Glück aus dem Haus fegen. Es schüttet wie aus Eimern, als wir die abweisendste Grenze nach Aserbaidschan erreichen. Alles grau in grau und eine einzige Baustelle. Dabei war der Weg hierher durch den Regenwald auf einen Pass sehr schön. Den Ausreisestempel gab es problemlos. Die loatischen Grenzgebäude erinnern an Tempel und sind deutlich einladender.

Alles ist nass und wir tropfen den gesamten Flur des Immigration Office voll. Das Visum gibt es für 31$ on arrival. Den Einreisestempel gibts gleich oben drauf, so müssen wir nicht in das nächste Gebäude, der Zoll will auch nichts von uns wissen und der Grenzsoldat war bei der Visumsbeantragung im Raum, muss also nicht noch mal in den Pass schauen – soviel gesunden Menschenverstand und Pragmatismus hatten wir an einer Grenze schon lange nicht. Willkommen in der Demokratischen Volksrepublik Laos, dem Land der Millionen Elefanten (von denen kaum noch welche übrig sind und wir keine zu sehen bekommen).

Nach dem Grenzüberschritt geht buchstäblich die Sonne auf, nicht weil wir Vietnam nicht gemocht hätten, sondern weil es die letzten drei Tage nur geregnet hat. Laos ist einfach wunderschön. Sehr wild und ursprünglich. In Laos gibt es deutlich weniger kultivierte Flächen als in Vietnam und nach China waren wir sowieso gewohnt, dass jedes Fitzelchen Land genutzt wurde. Die Ursprünglichkeit zeigt sich auch in den Menschen, auf einmal waren alle deutlich kleiner und von der schweren Arbeit gezeichnet. Niemand grüßt uns und wir fahren durch Dörfer mit winzigen Häuschen auf Stelzen ohne fließend Wasser. Dieses ursprüngliche Laos endet schnell und abrupt, als wir Laksao erreichen, die erste größere Stadt mit ATM nach der Grenze und Teil eines bei Mopedtouristen beliebten Rundkurses.

Wir entscheiden uns einen Tag zu bleiben und uns an Wetter (deutlich über 30°C), Währung und Sprache (tonal mit thailändischer Schrift) zu gewöhnen. Unsere Räder sind von oben bis unten vollgeschlammt, daher steuern wir die nächste Waschanlage an. Die drei Brüder, deren Familie die Anlage gehört, laden uns zum Biertrinken ein, während die Räder gemacht werden, und es beginnt sich mal wieder eine Situation zu entwickeln, für die wir das Radreisen so lieben und die uns noch lange in Erinnerung bleiben wird. Aus einem Bier werden schnell ein paar mehr und wir unterhalten uns gut über Laos, Fussball, Radfahren usw. Einer der Brüder ist Student in Vietnam und kann gut Englisch. Es wird immer später und irgendwann sitzen wir im Auto eines Freundes, der uns in ein typisch laotisches Restaurant fährt. Es gibt Hot Pot in einem kleinen Stelzenhäuschen, von denen mehrere um die Küche herum verteilt sind. Am Ende werden wir eingeladen (Diskussion zwecklos) und nach Hause gebracht – ein grandioser Abend.

Für die Tage bis in die laotische Hauptstadt ist Genussradeln angesagt. Wir fahren kurze Etappen und machen viele Pausen, wir versuchen viel aus der kurzen Zeit in Laos zu machen. Trotzdem bleibt Laos für uns ein Transitland. Wir bekommen allerdings die Freundlichkeit und Offenheit der Menschen hier jeden Tag zu spüren, gerade wenn uns Horden von Kindern hinterherlaufen und „Sabaidee, Sabaidee!“ (Hallo) rufen.

Wir treffen täglich Radreisende aus aller Welt. Viele ältere Semester fliehen vor dem kalten europäischen Winter und nehmen Südostasien unter die Reifen. Schöne Tagesetappen, abends ein Bierchen mit anderen Reisenden beim Austausch von Heldengeschichten – das ist das Radreiseleben. Bei all dem schönen Radeln und der touristischen Infrastruktur am Wegesrand darf man nicht vergessen, dass Laos ein „least developed country“ ist, noch weniger entwickelt als ein Entwicklungsland. Schon kurz hinter der hübschen touristischen Fassade kann man die Armut sehen. Die Zahl der Analhabeten ist hoch und die hygienischen Bedingungen oft schlecht. Highlight in dieser Hinsicht sind Fliegenlarven im Essen. Am Straßenrand kann man allerhand Roadkill erwerben und die Märkte gehören zu den spannendsten aber wenig erträglichen bisher. Das Angebot reicht von Fledermäusen über Ratten bis hin zu tropischen Früchten. Da wir wirklich nur einen kurzen Blick in dieses (in unserer Erfahrung) freundliche südostasiatische Land werfen konnten, halten wir uns mit Bewertungen zurück. Der Tourismus ist wie so oft Fluch und Segen. Vor unserem Hostel in Vientiane wurden bereits drei Hotelgäste zusammengeschlagen und ausgeraubt. Zwar scheinen die Herrschaften ziemlich betrunken gewesen zu sein, trotzdem scheint Kriminalität auf der Tagesordnung zu stehen  – etwas, was so gar nicht zu dem Laos passt, das wir kennenlernen durften.

In Vientiane angekommen geht es gleich zur thailändischen Botschaft, danach steht für das Wochenende Entspannung und Vorbereitung für unser 16. Reiseland auf dem Plan. Wir beantragen das Visum am Freitag, abholen können wir am Montag. Bis Ende Februar fällt sogar die Gebühr für das Visum weg, gut für unsere Reisekasse. In unserem Hostel in Vientiane kommen jeden Tag neue Radreisende an, so viele haben wir seit Istanbul nicht mehr an einem Ort gesehen. Jeden Abend sitzen wir bis spät in die Nacht draußen und tauschen Geschichten aus. Besonders gespannt sind wir auf die Begegnung mit Andi und Steffi– die beiden sind am gleichen Tag losgefahren wie wir und nach zehn Monaten treffen wir uns zum ersten Mal. Beide sind weitaus sportlicher unterwegs als wir und haben mit Turkmenistan und dem Pamir Highway in Tadschikistan eine beeindruckende Route vorzuweisen. In Kirgistan wurde ihnen beim Zelten ein Großteil der Ausrüstung gestohlen, nachdem sie einiges u.a. auch dank Spenden ersetzen konnten, sind sie viel leichter unterwegs und zählen mittlerweile zu den Bikepackern.

Die Treffen mit Einheimischen und insbesondere mit anderen Radreisenden ist das Salz in der Suppe unserer Radtour. Im Gegensatz zu Backpackern, die man viel häufiger in den Hostels trifft, kann man bei Gesprächen unter Radlern den unerheblichen Teil der abenteuerlichen Reisegeschichten schnell abhandeln und dann über die spannenderen Themen wie Politik oder gleich über Alltagsthemen philosophieren, einfach weil wir zumindest grundsätzlich auf der gleichen Wellenlänge sind – Radfahrer, mit denen wir gar nichts anfangen können, sind sehr selten ;-). Nichtsdestotrotz lernen wir immer sehr viel bei solchen Begegnungen, sei es über Tourenausrüstung oder den Radlalltag oder sei es nur die Erkenntnis, dass selbst die Radreisehelden mit den unglaublichsten Routen und Erlebnissen viele von unseren täglichen Problemen teilen. Besonders erhellend ist dabei der Austausch mit Alleinreisenden, auch diesbezüglich erleben wir in Vientiane spannende Abende.

Cycling Unites

Macht was draus,

T+D

Etappen

Pho Chau – Lak Sao: 85 km
Pausetag
Lak Sao – Nahin: 60 km
Nahin – Pakkading: 92 km
Pakkading – Paksan: 45 km
Paksan – Hai: 89 km
Hai – Vientiane: 65 km

Kilometerstand: 15624 km

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Translate »