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Belgien I: Im Reich des Kannibalen

27.08. – 01.09.2017

Ride as much or as little, or as long or as short as you feel. But ride.
Eddy Merckx

Und da ist Frankreich auch schon wieder vorbei. Auf Belgien, das Mutterland des Radsports, freue ich mich schon seit der frühen Planungsphasen. Eigentlich wollte ich im Frühjahr zu den klassischen Radrennen hier sein, um dann im Sommer anzukommen. Tätsächlich sind wir im Sommer durch das Death Valley gefahren, um im Spätsommer wieder Europa zu erreichen – naja ist halt so.

Für den ersten Abend haben wir bei Warmshowers Gastgebern angefragt. Zu unserer Schande müssen wir gestehen, dass wir noch nie wirklich in Belgien waren (Nein, Durchfahren zählt nicht). Auch im Gesamtkonzept der Reise hat es für uns Sinn ergeben, während des Ankommens ein paar Tage im Herzen Westeuropas zu verbringen, nachdem wir so lange Richtung Osten gefahren sind. Für uns als Radsportler hält das Land einige Attraktionen und legendäre Straßen bereit (so muss ich vor dem Ortseingangsschild von De Panne natürlich ein Bild machen und in Ghent ein Bier auf den „Kannibalen“ Eddy Merckx trinken).

Ostende ist unsere erste Station. Hier warten Amber und Dirk auf uns.

Die letzten Tage fehlte uns der Kontakt zu den Leuten, die kleinen Chitchats, die wir immer wieder mit den Amerikanern hatten. Bei Amber und Dirk erleben wir die Gastfreundschaft und Herzlichkeit, die wir in touristisch so erschlossenen Gegenden, mitten in Europa nicht erwartet hatten und die uns absolut begeistert. Die Beiden haben einen großen Anteil an unserem „Ankommen“. Wir konnten unseren Jetlag auskurieren und die letzten Etappen endlich richtig genießen. Amber hat bei einer international bekannten roh-veganen Starköchin gelernt und versorgt uns mit Gemüsekreationen, während die gesamte Familie am Abendbrottisch sitzt und uns die Unterschiede zwischen Flamen und Wallonen erklärt – und die Vorzüge der belgischen Braukunst.

Wir werden eingeladen, eine weitere Nacht zu bleiben (im Grunde werden wir eingeladen, so lange zu bleiben wie wir wollen 😉 ), das ermöglicht uns entspannt nach Brügge zu fahren, um uns die Stadt in Ruhe anzuschauen – mit Fritten und Bier, dafür ohne Fahrrad. Am Abend unterhalten wir uns wieder mit unseren Gastgebern und teilen Geschichten. Dirk hat einige Zeit im Gefängnis verbracht, weil er den Militärdienst verweigert hat – und das mitten in Europa! Jemand, der mit allen Konsequenzen zu seiner Haltung steht, das beeindruckt uns und bei der Abfahrt kommt es uns vor, als ob wir uns von alten Freunden verabschieden. Bis zu unserem nächsten Wiedersehen (wer muss hier nicht an Gandalf denken?).

Tatsächlich gefällt uns Ghent am nächsten Tag noch ein bisschen besser als Brügge. Statt Touristen strömen Studenten durch die mittelalterliche Heimatstadt des legendären belgischen Radprofis Eddy Merckx, der auch als größter Radfahrer aller Zeiten gilt und seine Konkurrenz so nachhaltig in den Boden gefahren hat, dass er den Beinamen „Der Kannibale“ verdient hat.

Nach Ghent werden wir schon wieder erwartet, Natalie aus Antwerpen haben wir bei Granny’s in Bangkok getroffen. Für uns ging es damals weiter nach Singapur, Neuseeland und Amerika, während sie mit ihrem Bike Barry nach Teheran geflogen ist und später den Pamir Highway unter die Reifen nahm. Wir sind praktisch in die entgegengesetzte Richtung um die Erdkugel unterwegs gewesen und haben uns in Antwerpen nur um wenige Tage verpasst! Gerade einmal eine Woche ist sie wieder zu Hause, als wir bei ihr einfallen. Natalie ist Radiomoderatorin und ein wahres Energiebündel. Wir erleben die kosmopolitische Stadt wie die Locals und eines können wir sagen: Antwerpen gefällt uns richtig, richtig gut.

Ihr kennt uns ja, natürlich darf auch der lokale Gerstensaft nicht zu kurz kommen.

Während der gesamten Reise habe ich mir ausgemalt, wie wir ankommen werden. Dass wir am Ende kaum noch Zeit haben, bis wir zum Stichtag (eine Hochzeit unserer Freunde) wieder da sein wollen, war nicht geplant aber abzusehen. Wann immer jemand gesagt hat: kommt mich doch auf eurem Heimweg durch Europa besuchen, haben wir gleich Nägel mit Köpfen gemacht. So entstand langsam unsere Epilog-Route, so dass in den Niederlanden schon der nächste „Reunion“-Besuch auf uns wartet. Für mich war es wichtig, so die Kreise zu schließen und uns das Ankommen zu erleichtern. Dazu schadet es nicht, sich anzuschauen wie andere im neuen alten Leben zurecht kommen und über unterschiedliche Eindrücke und gemeinsame Abenteuer zu philosophieren. Mehr zum Thema Ankommen gibt es demnächst. In diesem Sinne:

Macht was draus,

T+D

Etappen:

Ostende – Ghent: 79 km

Ghent – Antwerpen: 70 km

Antwerpen – Moerdijk (NL): 72 km

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